Wellness und Gesundheit

Annehmen und Loslassen...

... sind Worte, die uns auf unserem spirituellen Weg immer wieder begegnen.
Sie hören sich auch toll an – vor allem das Loslassen.
„Ich lasse einfach mal los!“ ist fast schon Life-Style in vieler Munde, es hört sich super an, ist total „chic“, als sei das „nichts“ und völlig easy, und natürlich mit keinerlei Anstrengung oder Tiefe verbunden. So ist es aber nicht.
Für die meisten Menschen fangen mit diesem Wort und dessen Umsetzung die Probleme natürlich erst an. Denn allein im Wortstamm „Los-Lassen“ ist ja das Wörtchen „lassen“ zu finden, und es ist uns unmittelbar tief bewusst, dass Loslassen wirklich bedeutet, etwas „sein zu lassen“ – und zwar in beiden Bedeutungen dieses Begriffs: etwas Neues, nämlich ein neues „Sein“ anzunehmen, und etwas Altes gehen zu lassen, zu unterlassen und auch etwas oder jemanden wirklich „sein“ zu lassen.

Zu diesem Thema gibt es eine berührende indische Geschichte, die zeigt, dass es den Menschen von jeher schwerfiel, loszulassen und mit dem Erleben eines Endes umzugehen:
„ Es war einmal eine Frau, deren Sohn an einer schweren Krankheit starb. Sie war dermaßen unglücklich und so tieftraurig, dass sie außerstande war, ihren Verlust hinzunehmen.
So trug sie verzweifelt den Leichnam ihres Sohnes durch die Straßen und bettelte lauthals um eine Medizin, die ihn wieder lebendig machen würde. Ein alter Mann riet ihr, Buddha aufzusuchen und mit ihm zu sprechen.
Nach einer mühseligem Fußmarsch fand die Frau Buddha, der unter seinem Baum saß und meditierte. Sie bat Buddha inständig, ihren Sohn zu heilen, und obwohl Buddha sehr viel Verständnis für sie und ihre Situation hatte, ging er nicht auf ihr Betteln ein. Stattdessen antwortete er ihr: „ Ich brauche eine Handvoll Senfsamen, aber sie müssen aus einem Haus kommen, in dem niemand je ein Kind, einen Ehepartner, einen Freund oder ein Elternteil verloren hat.“
Die Frau eilte eifrig von Haus zu Haus und klopfte an alle Türen, jedoch fand sie niemanden, nicht eine einzige Menschenseele, die diese Kriterien erfüllte. In jedem Haus lebte jemand, der einen geliebten Menschen verloren hatte. Als sie spätabends völlig unglücklich und erschöpft am Straßenrand niedersank und beobachtete, wie die Lichter der Stadt nacheinander ausgingen, erkannte sie, dass auf die gleiche Weise auch die Lebenslichter der Menschen erloschen, eins nach dem anderen - genau wie auch das Lebenslicht ihres Sohnes erloschen war.
Nun begriff sie...fühlte die Trauer in ihrem Herzen und richtete sich dadurch innerlich langsam wieder auf: jeder Mensch wurde früher oder später mit der Trauer und dem Tod konfrontiert, denn der Tod kommt zu uns allen. Sie erkannte, dass es nur ein ganz großes universelles Gesetz gab, und dieses Gesetz besagt, dass alles vergänglich ist, und dass alles im Leben stetiger Veränderung unterworfen ist. Bleibend ist nur das Wesentliche: die Liebe, die aus der Tiefe kommt.
Die Frau verabschiedete sich gebührend von ihrem Sohn, ließ ihn bestatten und trat Schritt für Schritt in ihren nächsten Lebensabschnitt ein.“

Ja, so ist es.
Veränderungen und Abschiede, die wir in unserem Leben erfahren, können sehr schmerzhaft sein und uns bis zur Hoffnungslosigkeit und in die tiefste Verzweiflung stürzen.
Wir tragen selber dazu bei, dass es so schmerzhaft für uns ist, denn wir verstärken den Schmerz, indem wir alles, was zuende geht, bewerten und beurteilen, es als „falsch, schlimm“ oder gar als „scheitern“ bezeichnen, wodurch wir stur an Dingen, Situationen oder Menschen festhalten. Denken wir nur einmal daran, wie wir heutzutage mit dem Älterwerden umgehen... Es ist wider die Natur, wenn Menschen versuchen, sich ihren natürlichen Wandlungen in den Weg zu stellen, und vor allem ist es sinnlos.

Wir kennen alle Filme, in deren Handlungsablauf zuerst etwas furchtbar Schlimmes geschieht, damit es danach ganz anders weitergehen und viel, viel besser werden kann. Meist stellt sich das alte Leben nach dem „Weitergehen“ dar, als sei diese ganze Zeit eine Art Trainingslager gewesen, um nun endlich das leben zu können, was wirklich unsere „Bestimmung“, unser Weg ist, mit dem, was uns wirklich ausmacht. Was wir zuvor natürlich durch unser Klammern und unser Denken nicht gesehen haben und daher auch nicht sehen konnten.
Aber genauso verhalten wir uns meistens, wenn wir mit einem unerwarteten Ende konfrontiert werden, egal, ob es sich dabei um einen PC-Absturz handelt, eine Kündigung oder eine Beziehung.
Wenn hinter dem Vorhang ein Ende wartet und sich wappnet auf die Lebensbühne zu treten, dann beginnen wir instinktiv daran zu klammern, was uns vertraut ist, weil wir keinen blassen Schimmer von dem haben, was da kommen möge. Denn das „Neue“ könnte und wird vermutlich ja fremd sein, auf jeden Fall unbekannt und neu, unabseh-und unplanbar – ein schrecklicher Gedanke! Also halten wir fanatisch fest und setzen schnell den Fuß auf die Bremse. Dabei wünschen wir uns sehnlichst, dass die Situation bald bereinigt sein möge, und dass alles aufrechterhalten wird, obwohl unser Inneres es längst besser fühlweiß und uns regelrecht auffordert, alles zu transformieren.
Ja, es kann uns beängstigen, ins Unbekannte zu gehen, aber sobald wir ein Ende annehmen und innerlich nach vorne schauen, statt ständig zurückzublicken, wenn wir endlich loslassen, was losgelassen werden will, soll und muss – erst dann öffnen sich die Tore und Staudämme, und alles kommt wieder in Fluss.
Es gibt eine indianische Weisheit: „ Wenn du den Weg des Lebens beschreitest, wirst du an einen großen Abgrund kommen. Sammle dich, und spring hinüber – er ist nicht so breit, wie du denkst.“

Wenn das alles nur so einfach wäre, nicht wahr...?
Aufnehmen – und loslassen. Verbrauchtes Qi gehen lassen, liebevolles, frisches Qi wieder aufnehmen.
Vertrauen in das Wesentliche, die Liebe, die innere leise, weise Stimme, dass alles gut ist.
Ganz einfach...;-) Oder?